Geschichtlicher Hintergrund im Bezug auf das Drama Don Karlos

Natürlich geht die Situation der aktuellen Zeit fast nie an den Dramen der großen Schriftsteller vorbei. Irgendwie fließen aktuelle gesellschaftliche oder politische Situationen immer in diese Werke ein – und „Don Karlos“ von Friedrich Schiller ist da mit Sicherheit keine Ausnahme.

„Harmonie und Totalität“ einer der geschichtlichen Schwerpunkte zur Zeit Schillers ist auf den spanischen Hof nur mit Mühen übertragbar. Aber dies ist möglicherweise von Schiller auch gewollt. Dass am spanischen Hofe keine Harmonie herrscht, dürfte jedem Zuschauer oder Leser des Dramas schnell klar werden. Allein die Konflikte zwischen Vater und Sohn, aber auch zwischen Granden und Sohn oder zwischen Karlos und Eboli machen klar, dass keine harmonischen Verhältnisse vorherrschend sind.

Auch die „wahre Menschlichkeit“, die zu den Grundideen der Aufklärung gehört, ist nur schwer zu finden. Wahre Menschlichkeit setzt natürlich Beziehungen zwischen Personen voraus und auch die dazugehörigen Vertrauensbasen. Diese werden am spanischen Hof nicht zugelassen, allein schon wegen der strengen Hofetikette, die kaum persönliche Bindungen zulässt. Wenn schon der eigene Sohn beim König erst eine Audienz beantragen muss, um mit seinem Vater zu sprechen oder die Königin ihre eigenen Kinder nicht vor einer bestimmten Zeitstunde sehen darf, wird schnell klar, wo die Defizite bei der Ausbildung von persönlichen Beziehungen der Personen sind. Aber auch die mangelnde Umsetzung eben dieser Hofetikette macht deutlich, dass auch das Ziel der Erziehbarkeit des Menschen nicht in vollem Umfang nach den Idealen der Aufklärung umgesetzt wird. Die schwere Vereinbarkeit der Etikette mit den Tugenden wird bei dem Marquis von Posa und Don Karlos mehr als deutlich.

Der gesamte spanische Hof stellt nicht das Ideal dieser Grundideen da – eher im Gegenteil. Da das Königshaus schließlich die Repräsentanz für das gesamte Volk ist, will Schiller möglicherweise darstellen, dass die Grundideen der Aufklärung im ganzen Volk nur mangelhaft umgesetzt werden. Schiller war ein Freund der Aufklärung, wollte jedoch die Umsetzung der aufklärerischen Ideale in der Gesellschaft als unzureichend und nicht zufriedenstellend skizzieren. Das Königshaus dient ihm als Beispiel dafür.

2 Gedanken zu „Geschichtlicher Hintergrund im Bezug auf das Drama Don Karlos

  1. Belzebub

    „Da das Königshaus schließlich die Repräsentanz für das gesamte Volk ist,…“
    Schwierig das so zu pauschalisieren.
    Ich gebe dir in dem Punkt recht, dass Schillers Darstellung des Königshaus tatsächlich als eine anti-aufklärerische Instanz fungiert. Ob diese allerdings nicht viel eher repräsentativ für einen Teil, nämlich der nicht reformwilligen Aristokratie, steht und nicht für die gesamte Gesellschaft?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.